© GlobalSoccerTransfers.com
Die Lage der deutschen Nationalmannschaft 2001 /
Weltmeisterschaftsqualifikation
Back Forward Refresh Print Transfer Key

Karsten Löpp`s Fußball-Kolumne

Nach langer Zeit erfahrt Ihr an dieser Stelle mal wieder die neuesten Ergüsse meiner Gehirnwindungen. Und dies soll nun auch erst einmal so bleiben. Solltet ihr Kommentare, Anregungen, Kritik oder Beschimpfungen parat haben, lasst es mich wissen und hinterlasst eine E-Mail. Wir freuen uns so ziemlich über alles...

Ein bewegtes Länderspielwochenende liegt hinter uns. Und wieder einmal hat die deutsche Nationalmannschaft eindrucksvoll bewiesen, dass sie im Konzert der Großen schon lange nicht mehr mitspielt. Peinlich ist noch eines der harmlosesten Worte, die das momentane Auftreten des Teams am besten beschreiben.

Die Ausgangssituation vor dem letzten Gruppenspiel war einfach. Deutschland brauchte einen Sieg, England musste mindestens unentschieden spielen, und schon wäre das deutsche Team direkt zur Weltmeisterschaft gefahren. Doch wer hätte schon ernsthaft mit einem Punktverlust der Engländer gegen Griechenland gerechnet, geschweige denn mit einer Niederlage? Richtig – keiner. Und doch war wieder Verlass auf die deutsche Trainerlegende Otto Rehhagel (nun Trainer des griechischen Nationalteams), der aus einer desolaten Mannschaft (zuletzt noch 1:5 gegen Finnland) ein passabel kombinierendes Team formte, das den Engländer das letzte abverlangte und bis kurz vor Schluss sogar eine 2:1-Führung verteidigte. Dann kam Beckham und zauberte einen Freistoß ins Netz. Doch auch das 2:2 war ein absolut achtbares Ergebnis. Nun musste also nur noch der deutsche Sieg gegen Finnland her und die 1:5-Schmach gegen England im Prestigeduell vor einigen Wochen wäre annähernd vergessen gewesen. Alle rechneten mit einer engagierten kämpferischen Leistung um zumindest ansatzweise wieder ein wenig des verlorenen Kredits zurück zu erspielen. Doch weit gefehlt. Es folgte eine der katastrophalsten ersten Halbzeiten seit Bestehen des deutschen Fußballs. Auch der zunächst als Hoffnungsträger des deutschen Fußballs gefeierte Teamchef Rudi Völler vermochte es auf Dauer nicht, das deutsche Team zu den Tugenden zurück zu führen, welche sie einst so stark machten. Zumindest in der zweiten Halbzeit konnte man schließlich das Gefühl haben, dass man sich ein wenig aufbäumte. Doch "Torjäger" Olli Bierhoff vergab auch beste Torgelegenheiten und sollte sich in Zukunft wieder mit dem Trainieren seines Sitzfleisches befassen – auf der Bank. Denn genau dort gehört er hin. Immer wieder faszinierend auch die Leistungen eines Christian Wörns oder eines Christian Ziege. In Erscheinung traten sie zuletzt nur mit Drohungen die Nationalmannschaft verlassen zu wollen, wenn man ihnen in Zukunft nicht deutlich den Rücken stärke. Sich um solche Spieler noch bemühen zu müssen, ist mehr als Schmach für den deutschen Fußball. Zu besseren Zeiten hätte man solche Leute mit Schimpf und Schande davon gejagt. Heute ist man froh, wenn man auf solche Graupen zurück greifen kann. Wer glaubte nach dem desaströsen EM-Aus gegen Portugal den tiefsten Punkt der deutschen Nationalmannschaft gesehen zu haben, der sah sich nach den Spielen gegen England und Finnland eines besseren belehrt. Es geht noch schlechter! Und vielleicht wird schon in den kommenden Wochen gegen die Ukraine das nächste Kapitel des Niedergangs aufgeschlagen. Dann geht es um die letzte Chance doch noch die Qualifikation zu schaffen. In der Relegation gegen eben dieses ukrainische Team. Ein Andrej Shevtchenko und ein Ivan Rebrov werden das deutsche Team nicht so glimpflich davon kommen lassen wie die Finnen. Mit einer solchen Leistung wird man die Deutschen nicht nur vorführen, man wird sie nach allen Regeln der Kunst auseinander nehmen. Und man wäre nicht einmal schockiert und entsetzt. Im Grunde ist es das, was man sich als deutscher Fußballfan wünscht. Vielleicht braucht es diesen Schlag um endlich einen radikalen Schnitt durchzuführen. Denn was hat sich seit jener blamablen EM-Vorstellung schon geändert? Einige Neue wurden zu integrieren versucht, doch den Rumpf der Mannschaft bilden nach wie vor die alten emotionslosen Versager. Und auch die seit Jahren als Jahrhunderttalente titulierten "Talente" Ballack und Deisler liefern - wenn es darauf ankommt - doch nur Durchschnittsfußball, der bestenfalls zu einem entspannten Nickerchen anregt. Der deutsche Fußball ist am Ende und dreht sich seit über einem Jahr im Kreise. Es muss nun Schluss sein mit diesem Alibi-Fußball. Wenn man jetzt nicht den Mut zu einem radikalen Umbruch aufbringt, dann nie mehr. Und dann wird der Tag nicht mehr fern sein, an dem wir uns auch von Teams wie Albanien, Andorra und Liechtenstein vorführen lassen müssen.

Ein bisschen mehr Grund zur Hoffnung macht einem zur Zeit der deutsche Vereinsfußball. Zwar zeigten sich beispielsweise auch die potentiellen Spitzenvereine Schalke 04 und Borussia Dortmund auf internationaler Ebene nicht von ihrer besten Seite, doch das Entwicklungspotential ist nicht zu verkennen. Doch schließlich und endlich profitieren die nationalen "Spitzen"-Verein auch nur von ihren internationalen Stars. Deutsche Ausnahmeerscheinungen gibt es nur noch wenige. Ein Mehmet Scholl, ein Oliver Kahn oder ein Stefan Effenberg wäre da zu nennen. Mit Abstrichen ein Jens Nowotny. Alle restlichen Kandidaten gehören dann entweder in die Kategorie "Rentenalter" oder "untauglich".

Die katastrophale nationale Lage des deutschen Fußballs drängt mich dazu diese Kolumne an dieser Stelle rasant abzubrechen. Doch ich werde mich in Kürze wieder zu Wort melden – sobald ich den samstäglichen Schock halbwegs verarbeitet habe.